Ein Guide zu den Hilfsmitteln im Iyengar Yoga

 

Werkzeugkasten für deinen Körper: Die Hilfsmittel

 

Hast du schon einmal ein Iyengar-Yogastudio gesehen und dich gefragt, warum es auf den ersten Blick eher an einen gut sortierten Geräteraum erinnert?

Überall liegen Klötze, Gurte, Stühle, Decken und Polster. Doch diese Gegenstände sind weit mehr als nur Zubehör. Sie sind das geniale Herzstück der Yoga Methode nach B.K.S. Iyengar – Intelligente Werkzeuge, die dir helfen, deinen Körper auf eine völlig neue Art zu verstehen, zu stärken und zur Ruhe zu bringen.

In diesem Artikel tauchen wir ein in den Werkzeugkasten des Iyengar Yoga und entdecken, warum diese Hilfsmittel (Props) deine Praxis nicht einschränken, sondern unendlich erweitern.

 

 

Die Philosophie: Hilfsmittel sind deine besten Lehrer

 

Vergiss die Vorstellung, dass Hilfsmittel eine „Krücke“ oder ein Zeichen von Schwäche sind. Im Iyengar Yoga ist das Gegenteil der Fall. Sie sind präzise Instrumente, die dir helfen, eine Haltung anatomisch korrekt und sicher auszuführen – unabhängig von deiner Flexibilität, deinem Alter oder deiner körperlichen Verfassung. Sie geben dir direktes Feedback, schaffen Raum, wo Enge herrscht, und ermöglichen eine Tiefe, die ohne sie vielleicht unerreichbar bliebe.

 

 

Die „Großen Fünf“: Dein Guide zu den wichtigsten Hilfsmitteln

 

Lass uns die wichtigsten Helfer genauer ansehen. Die Anwendungen sind Beispiele – es gibt natürlich viel mehr Möglichkeiten.

1. Der Klotz (Block):

Bester Freund für die richtige Höhe. Der bescheidene Klotz ist ein Meister der Anpassung. Seine Hauptaufgabe? Er hebt den Boden an und bringt ihn dir entgegen.

Anwendung: In Haltungen wie dem Dreieck (Utthita Trikonasana) oder der Halbmond-Pose (Ardha Chandrasana) platziert man eine Hand auf einem Klotz, anstatt den Rücken zu beugen, um den Boden zu erreichen. So bleibt die Wirbelsäule lang und die Brust geöffnet.

2. Der Gurt (Belt)

Verlängerung deiner Arme. Der Gurt ist dein Partner für eine gesunde Dehnung und präzise Ausrichtung.

Anwendung: Zum Beispiel in der sitzenden Vorbeuge (Paschimottanasana) um die Füße gelegt, hilft er dir, den Oberkörper aus der Hüfte nach vorne zu ziehen, anstatt die Schultern zu belasten. Er schult die richtige Aktion, ohne zu überfordern.

3. Die Decke (Blanket)

Königin der Unterstützung. Kein anderes Hilfsmittel ist so vielseitig wie die fest gefaltete Yogadecke. Wenn du mehrere Decken hast, können diese andere Hilfsmittel ersetzen. Die Decke bietet sanfte Erhöhung, Polsterung und Unterstützung.

Anwendung: Unter den Schultern im Schulterstand (Salamba Sarvangasana) platziert, schützt sie die Halswirbelsäule. Unter die Sitzknochen gelegt, erleichtert sie das aufrechte Sitzen und Kippen des Beckens.

4. Das Polster (Bolster)

Tor zur Tiefenentspannung. Das große, feste Kissen ist der Schlüssel zu regenerativen Haltungen. Es trägt dein Körpergewicht, sodass deine Muskeln und dein Nervensystem vollständig loslassen können.

Anwendung: In der unterstützten Fisch-Pose (Supta Virasana) oder der liegenden Schmetterlings-Pose (Supta Baddha Konasana) öffnet es sanft den Brustkorb und lädt zur tiefen Entspannung ein.

5. Der Stuhl (Chair)

Yogastudio in einem Objekt. Der Yogastuhl ist ein wahres Multitalent. Er bietet Stabilität für Balance-Haltungen, unterstützt bei Drehungen und macht selbst anspruchsvolle Rückbeugen zugänglich.

Anwendung: Für eine sichere Drehung (Bharadvajasana) kann man sich am Stuhl festhalten und so die Wirbelsäule ohne Druck mobilisieren.

 

 

Unbezahlbare Helfer für

Yoga mit künstlicher Hüfte oder nach Verletzungen

 

Hier kommen wir zu dem Punkt, an dem Hilfsmittel absolut unbezahlbar werden. Als Spezialistin für Yoga nach Verletzungen, Operationen (insbesondere künstliche Hüften) und Unfällen sehe ich täglich, wie die Hilfsmittel den entscheidenden Unterschied machen können. Sie sind der Schlüssel, um wieder sicher, achtsam und effektiv zu praktizieren, wenn der Körper besondere Aufmerksamkeit braucht.

Nach einer Verletzung oder mit einem Gelenkersatz ist die größte Hürde oft die Angst vor einer falschen Bewegung.

 

Hilfsmittel schaffen einen geschützten Raum.

 

Sie ermöglichen dir:

  • Bewegungsgrenzen sicher zu respektieren: Mit einer künstlichen Hüfte müssen bestimmte Beugewinkel vermieden werden. Ein hoher Stapel Decken oder Klötze unter dem Gesäß sorgt beim Sitzen für einen offenen Hüftwinkel. Ein Stuhl im Dreieck verhindert, dass du zu tief in die Dehnung gehst.
  • Stabilität und Vertrauen aufzubauen: Nach einer Verletzung ist die Muskulatur oft geschwächt. Die Wand, ein Stuhl oder Klötze geben dir die nötige Stabilität, um die umliegenden Muskeln gezielt und ohne Risiko zu kräftigen.
  • Spannungen sanft zu lösen: Chronische Schmerzen führen oft zu Verspannungen im ganzen Körper. Regenerative Haltungen z.B. mit einem Bolster helfen, diese Muster sanft aufzulösen, ohne das verletzte Areal zu belasten.

Die Hilfsmittel geben dir die Kontrolle zurück. Sie erlauben dir, aktiv an deiner Genesung mitzuarbeiten – Schritt für Schritt, in deinem eigenen Tempo und mit dem Vertrauen, dass du deinem Körper Gutes tust.

 

Praxisbeispiel für dein Üben

 

Der nach unten schauende Hund (Adho Mukha Svanasana) neu entdeckt

Viele kämpfen in dieser bekannten Pose mit kurzen Beinrückseiten oder verspannten, engen Schultern. Sehen wir uns an, wie Hilfsmittel die Haltung transformieren können:

  1. Die Herausforderung ohne Hilfsmittel: Der Rücken rundet sich, weil die Beinrückseiten ziehen. Die Schultern kollabieren in Richtung Ohren, und die Handgelenke schmerzen.
  2. Variante mit Klötzen: Platziere je einen Klotz unter jede Hand. Sofort hast du mehr Raum. Die Handgelenke werden entlastet, der Rücken kann sich leichter strecken und die Schultern finden ihre Position.
  3. Variante mit Gurt: Lege einen Gurt um deine Oberarme (schulterbreit). Er verhindert, dass die Ellbogen nach außen fallen und schult die korrekte Außenrotation der Arme. Das Ergebnis: ein freier Nacken und stabile Schultern.

 

Fazit: Entdecke deine Möglichkeiten

 

Die Hilfsmittel im Yoga nach Iyengar sind eine Einladung zur Neugier. Sie lehren uns, dass es nicht darum geht, den Körper in eine Pose zu zwingen, sondern die Pose so anzupassen, dass sie dem Körper dient. Sie machen die heilsame Kraft des Yoga für jeden Menschen zugänglich.

Also, sei neugierig! Frage deinen Lehrer, warum ein bestimmtes Hilfsmittel verwendet wird. Experimentiere und entdecke, wie diese einfachen Werkzeuge deine Praxis revolutionieren können.

Möchtest du mehr über die Grundlagen erfahren?

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